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Sonderveranstaltung des Vereins fand großen Zuspruch

„Erben und Vererben - Worauf müssen Immobilieneigentümer achten?“
war das Thema der Sonderveranstaltung des Vereins Haus & Grund Stade
am 14.06.2017, 18.30 Uhr in der Gaststätte „Vier Linden“ in Stade-Schölisch.

Der 1. Vorsitzende Günther Jahnke begrüßte mehr als 100 Zuhörer und als Referentin Frau Rechtsanwältin und Notarin Andrea Luise Schröder aus der Anwaltskanzlei Eylmann – Schröder in Stade. Als Gast konnte G. Jahnke den Schatzmeister Jürgen Dahmen vom Nachbarverein H&G Buxtehude begrüßen.

Bevor Frau Schröder jedoch mit ihrem Vortrag begann, sprach Herr Jahnke noch die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung an. Hierfür setzt sich der Verein in Stade seit Monaten vehement ein. In Buxtehude wurde diese Satzung zwischenzeitlich abgeschafft. Jetzt wurde auf Landesebene eine Online-Petition ins Leben gerufen. Damit
diese Petition jedoch zum Tragen kommt, werden 24.000 Unterschriften benötigt. Viele Veranstaltungsteilnehmer nutzten die Gelegenheit und trugen sich in die vorbereiteten Listen ein. Danach übergab Herr Jahnke das Wort an Frau Schröder.

Frau Schröder sprach die gesetzliche Erbfolge, Testamentsgestaltung, Grundzüge des Erbschaftssteuergesetzes und auch die Situation „Erben – annehmen oder ablehnen“ sehr detailliert an. Es gibt kein Erbrecht speziell für Immobilienbesitzer. Wenn kein Testament erstellt wird, also nichts getan wird, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge ein.

Die gesetzliche Erbfolge besagt, dass der Ehegatte ½ und die Kinder zusammen ebenfalls ½ erben. Sind keine Kinder vorhanden, so erbt der Ehegatte ¾ und die Eltern des Verstorbenen ¼. Leben die Eltern nicht mehr, geht deren Anspruch auf die Nacherben über. Eltern oder deren Nacherben sind also nur dann pflichtteilsberechtigt, wenn der Erblasser keine leiblichen Kinder hatte. Der Pflichtteil ist ein Anspruch gegenüber dem Erben und umfasst jeweils die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigt ist nur jemand, wenn er von der Erbfolge ausgeschlossen ist oder wenn er seinen Erbteil ausgeschlagen hat, eine sog. taktische Ausschlagung. Da der Pflichtteil ein Geldanspruch ist und sofort fällig wird, führt dieses gerade bei vererbten Immobilien oft zu Problemen, da diese evtl. erst verkauft werden müssten.

Ein Testament sollte lt. Frau Schröder schlicht und einfach gehalten werden. Je mehr und detaillierter geschrieben wird, je größer ist die Gefahr, dass es später bei der Vollstreckung zu unterschiedlichen Auslegungen kommt. Diese unterschiedlichen Auslegungen können zu langen und aufreibenden Rechtsstreitigkeiten führen.

Ein Testament kann durchaus handschriftlich verfasst sein, muss dann jedoch vom ersten bis letzten Buchstaben handschriftlich sein und bei Eheleuten von beiden unterschrieben werden. Der Vorteil ist, dass es keine Kosten verursacht. Nachteilig ist, dass es in vielen Fällen unklar formuliert ist und oft erst gar nicht eröffnet wird und somit der letzte Wille des Verfassers nicht zum Tragen kommt. Außerdem wird bei handschriftlichen Testamenten ein Erbschein vom Gericht benötigt. Anders ist es bei der Erstellung eines Testaments vor einem Notar oder Notarin, einem sog. öffentlichen Testament. Hier erfolgt vor der Erstellung eine Beratung und es wird registriert und hinterlegt. In diesem Fall ist auch kein Erbschein erforderlich. Allerdings entstehen Kosten, diese richten sich nach dem Wert des vererbten Vermögens.

Beliebt ist das sog. „Berliner Testament“. Hier setzen Eheleute den jeweils letztlebenden als Erben ein. Es ist jedoch zu beachten, dass auch bei diesem Testament Kinder Anspruch auf einen Pflichtteil haben.

Aber auch einige Einschränkungen sind bei der Erstellung eines Testaments zu beachten. Da ist z.B. das Zuwendungsverbot nach § 14 Heimgesetz. Es ist zum Schutz volljähriger Heimbewohner vor Ausnutzung ihrer Abhängigkeit, Hilflosigkeit und Arglosigkeit dem Träger des Heims, seinem Leiter , den Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeitern untersagt, über das vereinbarte Entgelt hinaus Geld oder geldwerte Leistungen sich versprechen oder gewähren zu lassen.

Auch die guten Sitten sind zu beachten, z.B. das sog. „Geliebtentestament“. So vertrat der BGH in der Vergangenheit zunächst die Auffassung, dass Zuwendungen an einen Partner anderen Geschlechts, zu dem außereheliche sexuelle Beziehungen bestanden, grundsätzlich nichtig seien. Aufgrund der gewandelten Sexualmoral kann heute eine Sittenwidrigkeit nur noch in besonders krassen Ausnahmefällen angenommen werden, z.B. bei einer auffälligen Benachteiligung naher Familienangehöriger oder durch übermäßige Partnerbegünstigung. Die Unsittlichkeit besteht in diesen Fällen in der Verletzung familiärer Pflichten.

Eltern behinderter Kinder, denen später droht, Sozialhilfe zu benötigen, pflegen ihre letztwillige Verfügung oft so zu treffen, dass Sozialhilfeträger die Zuwendung an den Behinderten weder auf sich überleiten noch auf Sozialhilfeleistung anrechnen können. Gegen diese Gestaltung wurde oft der Vorwurf der Sittenwidrigkeit erhoben. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH sind diese Gestaltungen, die dem behinderten Kind zu Lebzeiten zusätzlich zu den Leistungen der Sozialhilfe laufende Einnahmen verschaffen, den Nachlass selbst aber dem Zugriff des Sozialhilfeträgers entziehen, nicht sittenwidrig.

Zu Lebzeiten kann jedes Testament widerrufen oder abgeändert werden. Notarielle Verfügungen allerdings auch nur vor einem Notar oder einer Notarin. Gemeinsame Ehegattentestamente können Ehegatten ebenfalls gemeinsam ganz oder teilweise widerrufen. Hier ist eine Änderung oder ein Widerruf nach dem Tod des rstversterbenden allerdings nicht mehr möglich. Es sei denn, diese Möglichkeit wurde im Testament ausdrücklich vorbehalten.

Seit dem 17.8.2015 gibt es eine Europäische Erbrechtsverordnung, die in den meisten EU-Mitgliedsstaaten gilt. Diese Verordnung enthält Bestimmungen zu Erbfällen mit sog. Auslandsberührung. Für Erbfälle nach dem 16.8.2015 findet aus deutscher Perspektive im Regelfall nicht mehr wie bisher das Recht des Staates Anwendung, dessen Staatsangehöriger der Erblasser war. Nunmehr gilt nach der EU-Erbrechtsverordnung stattdessen grundsätzlich das Recht des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers. Dabei wird nicht zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen unterschieden. Wenn also ein deutscher Staatsangehöriger seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hat (Wohnung auf Mallorca), gilt für ihn das spanische Erbrecht. Dabei ist die Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes nicht immer einfach. Es ist daher empfehlenswert, im Rahmen einer letztwilligen Verfügung eine Rechtswahl zu treffen, diese kann allerdings nur in einem notariellen Testament getroffen werden.

Möglich ist auch die Übertragung seines Vermögens oder eines Teiles davon auf seine Erben zu Lebzeiten, eine sog. vorweggenommene Erbfolge. Diese bietet größtmöglichen Schutz, seinen letzten Willen umzusetzen und Anfechtungen aus dem Wege zu gehen. Allerdings sollte mit den Zuwendungen eine Anrechnungs- und Ausgleichsbestimmung getroffen werden, d.h. dass der Beschenkte sich die Zuwendung auf seinen Erb- oder Pflichteilanspruch anrechnen zu lassen hat.

Auch die Grundzüge des Erbschaftssteuerrechts wurden von Frau Schröder angesprochen. Grundsätzlich gelten folgende Freibeträge: Ehegatte € 500.000,--, Kinder jeweils € 400.000,--, Enkel € 200.000,--. Zwischen Ehegatten bleibt außerdem der Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses steuerfrei, wenn die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Die Bewertung von Immobilien erfolgt nach dem Verkehrswert. Dabei sind Schulden voll abziehbar, auch Belastungen mit Wohn- oder Nießbrauchsrechten werden vom Nachlasswert abgezogen. Bei Übertragung von Vermögen zu Lebzeiten können die Freibeträge alle 10 Jahre genutzt werden.

Ich bin Erbe – was nun? Annahme oder Ausschlagung. Eine Ausschlagung erfolgt oft, wenn die Schulden den Wert eines Vermögens übersteigen. Man sollte allerdings kein Erbe ausschlagen, um jemand anderen als Erbe z.B. seine Kinder zu berufen. Hier muss eine Erbteilsübertragung beantragt werden. Änderungen im Grundbuch können bei einem nicht notariellen Testament nur mit einem Erbschein vorgenommen werden.

Zum Ende dieses sehr interessanten Vortrages wies Frau Schröder auf 4 Regeln hin, die Beachtung finden sollten, wenn man Streit unter den Erben vermeiden will:

1. Es muss immer ein aktuelles Testament geben, am besten eines, das beim Notar oder Anwalt erstellt und hinterlegt wurde.
2. Versuchen Sie gerecht zu sein, benachteiligen Sie niemanden.
3. Reden Sie mit allen Beteiligten.
4. Halten Sie alles so schlicht wie möglich.

Nachdem alle Fragen beantwortet waren schloss Herr Jahnke gegen 20.30 Uhr die Veranstaltung.
Handouts zu dem Vortrag können in der Geschäftsstelle während der normalen Öffnungszeiten angefordert werden.

© Karl-Heinz Tietjen
Schriftführer Haus und Grund Stade e.V.

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